Studentische Bildungsdemo vor dem Kieler Landtag laut und emotionsgeladen

„Wir sind hier, wir sind laut, weil man uns die Bildung klaut!“, schallte es am Mittwoch, den 18.06.2014 durch die Straßen der Landeshauptstadt, als um die 800 sowohl Kieler als auch Flensburger Studierende sowie Mitglieder von Schüler- und Lehrerverbänden, gegen die aktuelle Bildungspolitik Schleswig-Holsteins auf die Straße gingen.

Mit Plakaten, Trillerpfeifen und gut gewählten Worten bewaffnet, marschierten die Demonstrierenden vom Audimax der CAU bis zum Kieler Landtag, wo sie als eindrucksvolle Menschenmasse zum Stehen kamen. Phrasen wie „Tierische Angst vor der Zukunft“, „Rote Karte für Bildungsfoul“ und „Stoppt Wende“ waren auf den Plakaten der Menge zu lesen. Bildungsministerin Waltraud Wende, die aufgrund ihrer angestrebten Bildungsreform schon länger in der Kritik steht, begab sich nach einigen Minuten zusammen mit weiteren Abgeordneten vor das Landtagsgebäude und stellte sich somit der laut protestierenden Menge.

Die Studierenden haben klare Forderungen an die Politik. Foto: ls
Die Studierenden haben klare Forderungen an die Politik.
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Die vom AStA und dem Präsidium der CAU unterstützte Demonstration wurde durch die Hochschulgruppe KiSiB (Kieler Studierende für intelligente Bildungspolitik) organisiert. Lukas Lindenberg, Leiter der KiSiB, sowie weitere Mitglieder sprachen in ihrer Rede aus, was Lehramtsstudierende seit langem befürchten: Ein Praxissemester ohne landesweites Semesterticket, Doppelstrukturen zwischen Flensburg und Kiel, Einheitslehrer, Mangel an Referendariatsplätzen sowie Praktikanten als billige Aushilfslehrkräfte. Es fehle das Gesamtkonzept für eine koordinierte Lehramtsausbildung in den schleswig-holsteinischen Hochschulen, so der Kieler AStA.

Lukas Lindenberg musste während seiner Rede immer wieder innehalten, um den Demonstrierenden Raum für ihre lauten Zustimmungsrufe zu geben. „Wir brauchen in Schleswig-Holstein keine Vertretungsfeuerwehr, wir brauchen frischen Wind im Lehrer- und im Klassenzimmer!“ rief der Student durch sein Megaphon und kritisierte die derzeitige Landesregierung scharf.

Ministerpräsident Albig spricht an Stelle von Wende und empört die Demonstrierenden. Foto: ls
Ministerpräsident Albig spricht an Stelle von Wende und empört die Demonstrierenden.
Foto: ls

Ministerpräsident Torsten Albig ergriff im Anschluss das Wort, die „Kann Wende nicht für sich selber sprechen?“-Rufe ignorierte er gekonnt, und schwenkte stattdessen lieber die Moralkeule: In Zeiten, in denen so viel Geld für Bildung ausgegeben würde wie noch nie, sei es eine Frechheit die Regierung zu kritisieren, beschwerte sich Albig, der die Demonstrierenden im Anschluss wortwörtlich als respektlos bezeichnete. Albigs Worte waren kaum noch zu vernehmen, da er nach dieser Aussage entsprechend viele Pfiffe und empörte Rufe seitens der Demonstrierenden erntete. FDP Politikerin Anita Klahn kritisierte im Anschluss gegenüber dem ALBRECHT Albigs Aussage und fragte, welche Rechte man als Bürger denn überhaupt noch hätte, wenn man jetzt schon für eine Demonstration als respektlos bezeichnet werden würde. Während der Reden passierte nämlich das Unerwartete: Die Opposition überquerte die unsichtbare Grenze zwischen Abgeordneten und Demonstrierenden und stellte sich in die erste Reihe der angesichts dieser Geste jubelnden Menge.

Die Emotionen waren geladen, sowohl bei den Protestierenden, als auch bei den Politikern und Politikerinnen. So kam es, dass Umweltminister Robert Habeck während der Rede Lindenbergs die Nerven verlor und wild gestikulierend auf den Studierendenvertreter losstürzte, welcher überrascht zurückwich. Habeck musste von einer studentischen Ordnerin zurück gewiesen werden und verweilte dann auf seinem Platz, wirkte aber weiterhin sichtlich wütend. Wara Wende dagegen, schien, als würde sie all der Protest nur wenig interessieren. Während der studentischen Reden plauderte sie immer wieder mit ihren Kollegen und Kolleginnen, gab ein süffisantes Lächeln preis, oder wippte sogar im Takt mit, als im Stile von „Bruder Jakob“ ein Lied mit ihrem Namen angestimmt wurde. All das sorgte für größte Empörung seitens der Demonstrierenden, zu Wort bitten ließ sich die umstrittene Politikerin jedoch trotzdem nicht.

Zusammen demonstrierten sie für eine bessere Bildungspolitik in Schleswig-Holstein. Foto: ls
Zusammen demonstrierten sie für eine bessere Bildungspolitik in Schleswig-Holstein.
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Ob die vielen Demonstrierenden Erfolg mit ihren Forderungen hatten, wird sich wohl in den nächsten Wochen zeigen. Sicher ist jedoch, dass sie viel Aufmerksamkeit erregt und, gemessen an den Emotionen dieses ereignisreichen Tages, den wunden Punkt getroffen haben. Laut waren sie allemal, ob sie gehört wurden ist die Frage.

Autor*in

Leona ist seit Juni 2014 Teil der Redaktion und war von Dezember 2014 bis Februar 2017 Chefredakteurin der Print-Ausgabe des ALBRECHT. Anschließend leitete sie die Online-Redaktion bis Mitte 2018. Leona studiert Englisch und Französisch an der CAU, schreibt für verschiedene Ressorts der Zeitung und kritisiert Land, Leute, Uni und den Status Quo ebenso gerne wie Platten.

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