Trotz ihrer unterschiedlichen Stile haben die Mitglieder des Kieler Zeichner-Kollektivs Pure Fruit eine Gemeinsamkeit: die Leidenschaft für Comics. Tim Eckhorst, Franziska Ludwig, Gregor Hinz und Volker Sponholz berichten im Interview, was sie außer ihrem gleichnamigen Comic-Magazin noch auf der Agenda haben.

DER ALBRECHT: Wie würdet ihr selbst euer Comic-Heft Pure Fruit beschreiben?

Tim Eckhorst: Wir machen das Heft seit 2011. Es erscheint immer im Mai und November und wir haben beschlossen, es als ‚Umsonst-Heft‘ zu machen. Das ist viel einfacher, als es den Leuten für einen Euro anzudrehen. Und es gibt erfreulicherweise viele Zeichner, die so unterwegs sind wie wir und für die Comics eine Leidenschaft sind. Wir finanzieren das Heft durch die Anzeigen, die wir auch zeichnen. Wir haben das Konzept, dass alles im Heft gezeichnet werden soll.

Kommen die anderen Zeichner auch aus Kiel?

Tim Eckhorst: Wir wollen eigentlich, dass das Heft hauptsächlich norddeutsch ist, aber das ist gar nicht so leicht. Darum haben wir es so ausgeweitet, dass jetzt wirklich jeder mitmachen kann. Wir hatten zum Beispiel in diesem Heft auch eine Zeichnerin aus Finnland dabei.

Warum reizt euch das Medium Comic?

Gregor Hinz: Das liegt daran, dass man Bild und Text hat. Es ist cool, dass man da noch eine Ebene hat, mit der man spielen kann.

Franziska Ludwig: Ich denke wir können zeigen, was Comic alles sein kann. Die Leute denken immer an Asterix oder Lustiges Taschenbuch und das ist ja längst nicht alles.

Volker Sponholz: Wir haben uns auch auf die Fahnen geschrieben, dass wir in dem Heft wirklich experimentieren.

Wie wird das Farbkonzept festgelegt?

Franziska Ludwig: Erst geht es mit dem Thema los. Was wollen wir überhaupt machen? Und dann folgen diese Überlegungen. Das mit der Farbe, das fragt man sich ja immer wieder neu.

Tim Eckhorst: Das Farbkonzept wird festgelegt, damit es homogener aussieht. Selbst wenn die Stile sehr unterschiedlich sind, kriegt das trotzdem einen gewissen Zusammenhalt.

Was wird das Thema des nächsten Hefts?

Tim Eckhorst: Wir wollen zu viert eine längere Geschichte zeichnen. Sodass es nächstes Mal kein Heft mit Kurzgeschichten wird, sondern ein durchgängiger Comic. Und ich würde mir wirklich viel davon versprechen, wenn man richtig zusammenarbeitet. In Form von Zeichnungen, nicht nur in Form von hier rumsitzen und Ideen spinnen. Ich glaube, da kommen ganz neue Ergebnisse bei heraus, die natürlich alleine gar nicht entstehen könnten.

Gregor Hinz: Unsere Stile sind ganz unterschiedlich, wir haben fast alles abgedeckt und das ist gut. Denn wir treten jetzt allmählich mehr als Agentur auf und wollen für Leute illustrieren. Des Weiteren versuchen wir, Bücher zu verlegen – als Herausgeber. Vieles steht auch noch auf unserer Website.

Woher kam die Idee, eine Comic-Bibliothek aufzubauen?

Volker Sponholz: Ich schreibe seit 20 Jahren Comic-Rezensionen, da bekommt man kostenlos Rezensionsexemplare. Ich habe somit eine eigene Bibliothek. Wenn wir mit Leuten sprechen und sagen „Comics sind so toll“ , fragen die natürlich: „Wo können wir denn welche sehen?“ Wenn du sie in den Buchladen schickst, sehen sie die fünf Bestseller-Comics, die man überall sieht. Du kannst sie auch in den Comicladen schicken, da müssen sie erst an den Kettenhemden und Schwertern vorbei. Das ist auch nicht jedermanns Sache. Und selbst da sind die richtig guten Comics, die wir am meisten mögen, ganz weit unten, weil sie damit wenig Umsatz machen. Deshalb kam mir der Gedanke, dass ich meine Bibliothek auch öffentlich zugängig machen könnte, sodass zumindest Leute, die interessiert sind, kommen und gucken, sich hinsetzen und in Ruhe lesen können. Das soll dann eine Anlaufstelle für Comics insgesamt werden, nicht nur eine Bibliothek. Entstehen wird sie dann hier, im Königsweg 15, im Erdgeschoss. Im Internet stand, dass Zeichner ihre Werke für die Bibliothek einsenden können.

Wie wurde das bisher angenommen?

Volker Sponholz: Das muss jetzt erstmal anlaufen, aber wir wollen eigentlich auch, dass Kieler Zeichner ihre selbstpublizierten und –kopierten Werke einschicken.

Tim Eckhorst: Wenn man es dann zum Beispiel mit Schülern zu tun hat, kann man denen zeigen „Guck mal hier, so kannst auch du ein Heft hinbekommen.“ Das sind halt ganz tolle Beispiele, um zu zeigen, wie man anfangen kann. Was hat es mit den ‚Comicbattles‘ auf sich, die ihr veranstaltet? Und was macht ihr sonst noch für Projekte?

Gregor Hinz: Bei den Comicbattles laden wir so sechs Leute ein, die bekommen Aufgaben und battlen sich am Overhead-Projektor. Und wer am meisten Applaus bekommt, gewinnt.

Tim Eckhorst: Im nächsten Jahr machen wir noch so eine Art Austausch, bei dem ein Zeichner aus einem anderen europäischen Land nach Kiel kommt und dann hier arbeitet. Der soll dann eine Art Comic-Journalismus betreiben. Das ist spannend, weil man viele Sachen so gar nicht mehr wahrnimmt und wenn dann jemand kommt, der noch nie hier war, wird der ganz andere Dinge bemerken, die wir schon nicht mehr sehen. Comics in Residence heißt das Programm. Es ist ganz toll zu sehen, dass die Bewerber aus so vielen verschiedenen Ländern kommen.

Wer ist eure Zielgruppe?

Gregor Hinz: Wir wollen eigentlich alle erreichen. Deswegen ist es ja auch kostenlos, sodass jeder mal die Chance hat reinzugucken.

Tim Eckhorst: Das versuchen wir auch über die Themen, damit wir als Zielgruppe nicht immer nur Comicleser haben. Mit dem jetzigen Heft, das ein Kochbuch ist, erreichen wir ja vielleicht tatsächlich noch andere.

Gregor Hinz: So ähnliche Formate wie Pure Fruit gab oder gibt es schon, aber in Kiel ist es deswegen noch eine ganz coole Sache, weil es nicht in jeder Stadt diese Umsonst-Kultur in Form von Comic-Heften gibt. Das motiviert einen dann noch mehr, es aufrecht zu erhalten.

Vielen Dank für das Gespräch.
Das Interview führte Linda Kiowski.

Anzeigebild: Selbstporträts der Autoren. Zeichnung von Tim Eckhorst.

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