Fitnesstraining überall und ohne Sportausrüstung, körperbetont und effektiv: Zwei Sportstudenten haben eine neue Sportart erfunden, die sich an der Kieler Uni immer größerer Beliebtheit erfreut. „Wir tun das, was Menschen eigentlich von Natur aus tun, aber mit der Zeit verlernt haben“, verrät Sportstudent Philipp Preiss. Gemeinsam mit seinem Kollegen Stefan Tönnies hat er mit Keimsprung ein innovatives Ganzkörper-Training entwickelt, das ausschließlich mit den Körper und dessen natürlichen Bewegungen arbeitet. Sportgeräte und Accessoires werden nicht benötigt.

Wesentlicher Bestandteil des Konzepts ist sein integrativer Charakter. Das bedeutet, dass die Übungseinheiten in das alltägliche Leben mühelos eingebaut werden können. Befindet sich eine Treppe vor Ort, wird diese in das Sportprogramm eingebaut. Im Krebsgang läuft der Sportler dann mit dem Rücken zum Boden auf allen vieren die Treppe hinauf. Um die Schwierigkeitsstufe dieser Übung noch zu erhöhen, kann sie rückwärts ausgeführt werden.

Keimsprung bedeutet nicht im Wald Bäume hochzuklettern, sondern besteht aus anstrengenden und effektiven Workouts in freier Natur. Foto: keimsprung/Philipp Preiss und Stefan Tönnies
Keimsprung bedeutet nicht im Wald Bäume hochzuklettern, sondern besteht aus anstrengenden und effektiven Workouts in freier Natur.
Foto: keimsprung/Philipp Preiss und Stefan Tönnies

Normales Fitnesstraining läuft mit Strecken und Beugen zweidimensional ab. Bei Fitnessgeräten befindet sich der Sportler auf der gleichen Stelle und führt nur Bewegungen nach unten und nach oben in vorgegebenen Bewegungsschienen aus. Keimsprung legt dagegen Wert auf dreidimensionale Bewegungen. Studierende bewegen sich dabei vorwärts oder rückwärts und wippen gleichzeitig auf und ab, während alle vier Gliedmaßen in unterschiedliche Richtungen ausgestreckt sind. Damit werden nicht nur einzelne Muskeln beansprucht, sondern der ganze Körper trainiert.

Die Sportart besteht neben Koordinationsübungen auch aus Kraft- und Ausdauertraining sowie Einheiten zum M-Faktor. Trainingseinheiten mit dem M-Faktor sollen die mentale Stärke des Sporttreibenden fördern. Die Motivation des Einzelnen spielt eine entscheidende Rolle für die Leistungsbereitschaft des Körpers. Um über sich hinauszuwachsen, sollen Studenten ihre Augen schließen, sich nach hinten fallen lassen und sich von ihren Trainingspartnern auffangen lassen. Einer der vier Sportbereiche wird in den Sportkursen jeweils schwerpunktmäßig behandelt.

Der Name ‚Keimsprung‘ stammt indes von der Idee ab, einen Keim durch Sonnenbestrahlung zu einer Pflanze entwickeln zu lassen. Preiss und Tönnies übertragen diese Idee auf den menschlichen Körper und versuchen das größtmögliche Potenzial aus jedem Einzelnen auszuschöpfen. Dass Leistungssteigerung einhergehe mit gleichzeitigem Spaß, sei einer der Gründe für den Erfolg von Keimsprung bei den Studierenden, erklärt Philipp. Zudem besteht der Reiz der Sportart in der Möglichkeit sich alles durch learning by doing anzueignen. Keimsprung mache nebenbei auch äußerst fit und knackig, fügt er grinsend hinzu.

Foto: keimsprung/Philipp Preiss und Stefan Tönnies
Foto: keimsprung/Philipp Preiss und Stefan Tönnies

Die Trainingseinheiten erfolgen in sehr kurzer Abfolge und die Pausen werden sofort zur Erklärung des nächsten Workouts verwendet. Dies fordert nicht nur die körperliche Fitness, sondern auch die geistige Konzentrationsfähigkeit, da die Keimsprung-Übungen durchaus ungewohnt und originell sein können. Aufgebaut nach verschiedenen Schwierigkeitsgraden kann sie jeder seinem Leistungsniveau anpassen. Auf dem Trainingsplan stehen an diesem Abend unter anderem die Koordinationsleiter. Bei dieser Übung muss abwechselnd mit dem linken und rechten Fuß in Felder gesprungen werden, während zeitgleich unterschiedliche Armbewegungen ausgeführt werden müssen. Später werden noch Burpees absolviert, bei dem jeder aus der Liegestütze in eine aufrichte Position springen soll.

Die Übungen sind anstrengend und bringen den eigenen Körper an die Grenze der Erschöpfung. Da aber in einer großen Gruppe trainiert wird, motiviert diese bei den einzelnen Übungen. Wegen dem harten Hallenboden sind Knie- und Handschutz zu empfehlen, da sonst Hände und Knie mitunter spürbaren Schmerzen ausgesetzt werden können.

Philipp Preiss, einer der Begründer der Sportart Keimsprung. Foto: keimsprung/Philipp Preiss und Stefan Tönnies
Philipp Preiss, einer der Begründer der Sportart Keimsprung.
Foto: keimsprung/Philipp Preiss und Stefan Tönnies

„Die schlimmsten Übungen waren die Koordinationsübungen mit den Luftballons“, erzählt Biologiestudent Malte Deseke. In dieser Übung sollten Liegestützen gemacht und gleichzeitig ein Luftballon hochgehalten werden. „Das ist super schwierig und hat mir echt den letzten Nerv geraubt“. Der 23-Jährige entschied sich für Keimsprung, weil er einen Sportkurs gesucht habe, „bei dem man sich einfach mal ein bisschen auspowern kann, ohne gleich eine neue Sportart erlernen zu müssen“.

Angefangen im Jahr 2011 mit nur einem Kurs betreiben die beiden Kieler in diesem Sommersemester bereits fünf Gruppen wöchentlich. Die Sportstudenten wollten auch im Winter draußen trainieren und probierten Übungen auf einem Spielplatz aus. Sie experimentierten mit Bewegungen und schufen ein eigenes Programm. Zunächst betrieben sie ihr Workout zu zweit, holten dann Leute dazu. „Da wir immer schon Spaß daran hatten, anderen Bewegungsabläufe zu zeigen, meldeten wir im Jahr 2012 einen Sportkurs am Sportforum an.“, erzählt der 26-Jährige Philipp Preiss. Neueinsteigern rät der Sporttrainer nicht gleich den Mut aufzugeben. In der Regel benötigen Anfänger zwei bis drei Sitzungen, damit sich erste Veränderungen in der eigenen Kondition zeigen.

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